Auf diesem Blog geht es um Trauma, Traumafolgestörungen und unser Leben damit.
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Freitag, 10. Juli 2020

#3: Tiere im System? - Anteilarten & Systemrollen

Anteile in einem System entstehen in der Regel nach einem Bild, von dem das traumatisierte Kind denkt, dass dies wäre, was es gerade braucht, im Sinne von: ich selbst kann dieses Trauma nicht überleben, aber XYZ könnte es bestimmt! Demnach können die entstehenden Personen nicht nur ein anderes Alter oder Gender haben, sondern alles kann anders sein - ihre Aussehenswahrnehmung (oder auch ihr Körper in der inneren Welt), ihre Stimme, ihre Spezies, ethnische Zugehörigkeit, ... es gibt bestimmt noch viele andere Sachen, die ich gerade nicht mal bedenke.

Vereinfacht kann man sich das so vorstellen: Im Gehirn existiert quasi eine „Karte“ über den Körper, also, über die Proportionen, darüber, wo welcher Bestandteil des Körpers ist und alles weitere, was so zur Selbstwahrnehmung wichtig ist. Bei den verschiedenen Anteilen stimmt diese Karte allerdings nicht mit dem eigentlichen Körper überein - es kann zum Beispiel passieren, dass jemand das Gefühl hat, dass seine Hände kleiner/größer sind als die des Körpers, dass gewisse andere Körperteile (nicht) da sein sollten, dass bestimmte Sinne nicht da sein sollten (teilweise sind sie sogar nicht da) oder eben auch, dass diese Karte überhaupt nicht mit dem menschlichen Körper übereinstimmt: weil der Anteil nicht menschlich ist.

Es gibt viele Arten von nicht menschlichen Anteilen: Tiere, Gegenstände, Fabelwesen, ...
Besonders häufig sehen wir Wölfe. Was nicht weiter verwunderlich ist: Wölfe sind stark und schnell. Wölfe sind in vielen Kindererzählungen (fast) unbesiegbar und wenn es eines gibt, was Wölfe nicht können, dann ist das bestimmt verletzt werden! Es gibt allerdings alles an Tieren in Systemen. Bisher haben wir gehört von Schlangen, Spinnen, Hunden, Katzen, Füchsen und Wölfen, aber im Prinzip ist alles möglich. Sogar Drachen! Natürlich verhält sich die Person trotzdem als Mensch und hat auch menschliche Eigenschaften. Anders würde das Leben im Köper ja gar nicht funktionieren. Ihr Selbstbild ist eben nur das eines Tieres.
Es kann sein, dass Gespenster entstehen, vermehrt durch Nahtoderfahrungen, von Dämonen und Engeln hören wir oft (im Kontext mit stark religiösem Missbrauch, da in diesem Glauben sowohl Dämonen als auch Engel unbesiegbare, unberührbare Wesen sind), Vampire, Feen, Magier, ... Jedes System ist individuell und hat demnach auch individuelle Gründe, warum solche Anteile entstehen.
Es gibt sogar auch gegenständliche Innenpersonen, zum Beispiel Bäume oder Züge oder sogar Stürme, Seen, Vulkane - darüber wissen wir allerdings sehr, sehr wenig, deshalb fühlen wir uns nicht qualifiziert, darüber irgendetwas zu sagen. Dass sie existieren, sei trotzdem erwähnt!
Tatsächlich bestehen aber die meisten Systeme, die wir kennen, überwiegend aus menschlichen Anteilen.

Als letzte Anteilart hätten wir Introjects. In der englischen Community begegnet man dort häufig einer Unterscheidung zwischen Fiktiven und Faktiven. Diese konnten wir bisher in der deutschen Community nicht beobachten.
Introjects sind Innenpersonen, die einer anderen Person nachempfunden sind - beispielsweise einem fiktiven Seriencharakter (Fiktives) oder auch einer realen Person (Faktives). Dies kann zum Beispiel passieren, wenn das Kind eine Lieblingsfernsehserie hat, in der es einen superstarken Charakter gibt - dieser Charakter könnte vielleicht mit dem Trauma besser umgehen, also wird er als Beschützer introjected. Ein anderes Beispiel wäre, dass das Kind eine supernette Erzieherin im Kindergarten hat, die dann zu einer Mutterperson im System (introjected) wird.
In den meisten Systemen scheint es eher wenige Introjects zu geben. Zumindest ist das bisher unser Eindruck.

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