Auf diesem Blog geht es um Trauma, Traumafolgestörungen und unser Leben damit.
Bitte achtet auf eure Grenzen beim Lesen der Texte.

Mittwoch, 5. August 2020

#10: Tell me about your dreams. We can make them memories.


make sure nobody sees you leave,
hood over your head, keep your eyes down.
tell your friends you're out for a run -
you'll be flushed when you return.
take the road less traveled by,
tell yourself you can always stop.
what started in beautiful rooms,
ends with meetings in parking lots.

Heute ist ein trauriger Tag.
Dabei war er gar nicht so schlecht. Ich durfte einen Menschen kuscheln, den ich mag. Und gerade darf ich in meinem eigenen Bett einschlafen.
Und trotzdem ist heute ein großes Loch in meinem Herzen.

Menschen denken oft, Täter sind Monster. Wenn man sie ansieht, sieht man direkt, dass sie böse sind. Allerspätestens, wenn man sie besser kennenlernt.
Bei manchen Menschen mag das sogar stimmen. Aber viel öfter sind Täter ganz nette Menschen, von denen man es nie erwartet hat.

Und deshalb ist heute ein trauriger Tag.
Weil ich den Menschen vermisse, der mir gezeigt hat, wie schön das Leben sein kann.
Um es dann vor meinen Augen zu zerreißen.

and that's the thing about illicit affairs
and clandestine meetings
and longing stares:
they're born from just one single glance,
but it dies and it dies and it dies,
a million little times.

Wir hatten mal sehr große Probleme. Traumasymptome, ohne Traumaerinnerungen. Dissoziationssymptome, ohne Worte dafür.
Kein Psychologe hat verstanden, was genau falsch bei uns ist.
Und dann haben wir einen Psychologen bekommen, der sehr überzeugt war: das ist eine PTBS. Selbst wenn wir uns nicht erinnern. Es ist eine PTBS mit Albträumen statt Flashbacks.

Also haben wir Trauma-Stabilisationstherapie gemacht. Richtige Traumatherapie geht natürlich schlecht, so ganz ohne Erinnerungen.
Und Skye hat aufgehört, sich aufzuschneiden. Und ich habe gelernt, mit Menschen zu reden. Und wir haben schließlich auch gelernt, dass man uns besser als Müll behandeln kann und sollte und haben uns dann von Skyes Freund getrennt und im Endeffekt sogar den Kontakt beendet.
Wir haben gelernt, dass Berührungen grenzunüberschreitend sein können. Und dann schön.
Ein ganzer perfekter Monat.
Voller Wunder.
Nach einem ganzen Jahr Therapie.

take the words for what they are:
a dwindling, mercurial high,
a drug that only worked
the first few hundred times.

Jetzt sitze ich vor einem Scherbenhaufen.
Denn in meinen Gedanken sind dieser Therapeut und die Person, die uns vergewaltigt, gefoltert und belogen hat, zwei verschiedene Menschen.
Aber manchmal trifft mich die Erkenntnis: dass all das bloß ein Mensch in sich vereinen kann. Und dann weine ich um vier Uhr morgens schlaflos in den Armen meines Freundes, der mich viel zu sehr liebt, um mir jemals wehzutun und weiß nicht mehr, ob er mich nicht auch einfach missbrauchen wird.
Und in die Stille frage ich, ob Blyth mich jemals lieb hatte. Aber das kann mir niemand beantworten.
Aber wie sollte jemand Liebe für jemanden empfinden, den er missbraucht, nur um ihn wegzuwerfen und abzustreiten, dass es jemals mehr als eine einfache Freundschaft gab?
Nur wie kann es denn sein. Dass mir jemand so sehr geholfen hat, so viel Zeit aufgewandt hat, nur damit es mir besser geht, wenn er mich nicht zumindest ein bisschen lieb hatte.
Egal wie ich es drehe und wende, ich verstehe es einfach nicht.

and that's the thing about illicit affairs
and clandestine meetings
and stolen stares:
they show their truth one single time,
but they lie and they lie and they lie,
a million little times.

Also vermisse ich den Blyth, den ich kannte, bevor er anders geworden ist. Der mein Lieblingslied gelernt hat auf Gitarre zu spielen und mir ein ganzes, eigenes Konzert gegeben hat.
Und ja. Ich weiß, auch das ist kein Therapeutenverhältnis.
Aber die richtige Geschichte wäre viel zu lang für diesen Text.
Sagen wir einfach, das Verhältnis war etwas zwischen Therapie und Freundschaft - vor dem Missbrauch.

and you wanna scream:
don't call me kid,
don't call me baby.
look at this godforsaken mess that you made me.
you showed me colours you know i can't see
with anyone else.

Viel zu oft will ich ihn anschreiben.
Am Anfang dachte ich wirklich, der Missbrauch war ein Versehen. Ich dachte wirklich, er wusste einfach nur nicht, dass ich das nicht wollte und wenn ich ihm jetzt erzähle, dass ich davon traumatisiert bin, bricht seine Welt zusammen.
Aber seitdem hat er abgestritten, dass jemals etwas zwischen uns war. Dass ich mir das einbilde, weil ich wollte, da wäre etwas gewesen; das hat er gesagt.

you taught me a secret language i can't speak
with anyone else.

Also bin ich traurig.
Weil ich einen Menschen verloren und einen Albtraum bekommen habe.
Und ich immer noch zurück will.

and you know damn well
for you i would ruin myself,
a million little times.

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