Auf diesem Blog geht es um Trauma, Traumafolgestörungen und unser Leben damit.
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Donnerstag, 17. September 2020

#18: Was ist ein Trigger?

Wenn wir über DIS sprechen, sprechen wir gleichzeitig über eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung. Im Zuge dessen müssen wir ebenfalls über Trigger sprechen.
Bei einer (k)PTBS ist es so, dass ein traumatisches Erlebnis einen selbst so überfordert, dass es nicht verarbeitet und dadurch auch nicht als Erinnerung abgespeichert werden kann. Da das Gehirn über Assoziationen (Verknüpfungen) arbeitet, wird es nun jedes mal, wenn man etwas sieht/hört/riecht/schmeckt/fühlt, das an das Trauma erinnert, bemerken: „Oh, da ist ja eine Erinnerung, die ich noch gar nicht abgespeichert habe. Das sollte ich mal tun!“ Darauf folgt ein (Teil)Flashback, da man die Erinnerung (oder bestimmte Aspekte davon) erneut erleben muss, um sie abspeichern zu können (Spoiler: in der Regel funktioniert dieser Prozess dann nicht, weil das Trauma einen immer noch überfordert).
Diese Sachen, die zu der Erinnerung führen, nennt man Trigger.

Das ist jetzt alles schön theoretisch, aber was bedeutet das für die Realität?
Sagen wir, folgendes Szenario spielt sich ab:
Eines schönen Sommertages gehst du eine Straße entlang, während du gerade eine Orange isst. Plötzlich passiert etwas sehr schlimmes! (Meiner Meinung nach ist hier kein konkretes Beispiel notwendig.)
Dieses schlimme Ereignis überfordert dich so sehr, dass du eine PTBS entwickelst und fortan triggert dich der Geruch, Geschmack oder möglicherweise sogar nur der Anblick von Orangen. Wenn du Glück hast, triggert dich vielleicht ausschließlich der Geruch und das auch nur an warmen Sommertagen - im Winter ist alles in Ordnung. Es könnte aber auch sein, dass dich nun der reine Anblick von Orangen triggert - an jedem Tag im Jahr.
Was passiert nun, wenn du eine Orange siehst?

Dein Gehirn schlägt Alarm, weil es denkt, Gefahr droht. Du spannst dich an, bekommst Angst, womöglich sogar Panik. Gleich wird etwas furchtbar schreckliches passieren! Mental bist du in genau derselben Situation wie vor x Jahren. Dieselbe Angst, dieselbe Verzweiflung, dasselbe Grauen.
Das ist ein emotionaler Flashback.
Möglicherweise kommen körperliche Empfindungen dazu wie Schmerzen, die du während des traumatischen Erlebnisses gefühlt hast, Berührungen, Kälte oder Wärme. Körpererinnerungen/-flashbacks.
Im allerschlimmsten Fall hast du einen kompletten Flashback. Das heißt, du erlebst das traumatische Ereignis komplett wieder, mit allen Gefühlen, Schmerzen, Berührungen, Geräuschen, Gerüchen, Bildern. Du weißt nicht mehr, dass das alles Vergangenheit ist. Es passiert hier, genau jetzt und du kannst ihm nicht entkommen.

So ein Flashback kann von ein paar Sekunden bis zu ein paar Stunden anhalten. Bei uns dauern Flashbacks im Durchschnitt (glaube ich) um die zehn Minuten.
Danach ist es jedoch nicht vorbei.
Vielleicht hast du es schon mal erlebt, dass du einen besonders schlimmen Albtraum hattest, nach dem du dich mehrere Stunden oder sogar den gesamten restlichen Tag total erschöpft und ängstlich gefühlt hast. So in etwa kann man sich einen Flashback vorstellen. Nur dass man ihn nicht einfach mit 'es war ja nur ein Traum' abtun kann - immerhin ist die Erinnerung sehr real, alles davon ist wirklich passiert.

Übrigens sind Trigger sehr oft weniger schlimm, wenn man weiß, dass sie passieren werden.
Um beim Beispiel zu bleiben, nehmen wir an, der Anblick von Orangen triggert mich. Wenn ich jetzt in einen Supermarkt gehe, werde ich dort höchstwahrscheinlich Orangen sehen. Da ich das aber vorher weiß, kann ich meinem Gehirn begreiflich machen, dass keine Gefahr droht und die Orangen triggern mich auch nicht. (In der Realität funktioniert das nicht immer, aber zumindest manchmal.) Deshalb sind viele Betroffene sehr dankbar für Triggerwarnungen. Auch wenn man natürlich nicht immer zu jeder Zeit jeden Trigger vermeiden kann.

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