Neulich wurden wir gefragt, wie wir mit Zweifeln und dem Leugnen umgehen. Das wollten wir an dieser Stelle einmal beantworten.
Auf die DIS bezogen, ist das hier tatsächlich ein sehr kleines Thema. Soweit ich weiß, betrifft das eigentlich nur mich (Lana) und einige Innenkinder. Wobei es bei ihnen etwas anders ist. Bei uns war irgendwann Tätern bekannt, dass wir eine DIS haben und dann haben sie teilweise Innenkindern sehr unflauschige Dinge erzählt. Dadurch ist es nicht so, dass sie die DIS leugnen würden, sondern sie haben einfach ein sehr falsches Bild davon.
Bei mir ist es so, wenn jemand anders draußen war und ich habe die Erinnerungen davon noch, dann kann ich ganz klar sehen, dass die DIS existiert, weil ich mich an Sachen erinnere, die ich nie so sagen/machen/was auch immer würde. Ich sehe dann ganz genau, dass das jemand anders war. Aber manchmal ist tagelang niemand außer mir da und dann fang ich schon öfter an zu denken, dass ich mir das bestimmt nur eingebildet habe, vielleicht hatte ich einfach eine seltsame Phase, und so weiter. Da hilft dann aber auch nichts, außer dass irgendwann wieder jemand anders draußen ist, wonach es sofort weg ist.
Natürlich kann es auch sein, dass noch mehr Innenpersonen Probleme mit dem Leugnen haben, das sind aber die einzigen Sachen, die ich weiß.
Missbrauch leugnen ist hier sehr viel verbreiteter (vor allem bei bestimmten Dingen, die uns passiert sind - bei anderen nicht so). Zum einen gibt es natürlich viele traumatisierte Innenpersonen, die gar nicht verstehen, dass sie missbraucht wurden, die sagen, dass sie das alles so gut fanden oder die denken, sie hätten das verdient gehabt. Da hilft erkennen, dass man auch anders behandelt werden kann. Es gibt bei uns einige Innenpersonen, die diese Gedanken nicht mehr (so stark) haben, weil sie Zeit mit ruru verbringen konnten.
Im Alltagsteam leugnet niemand, dass wir missbraucht wurden. So viel ist offensichtlich. Es war schon offensichtlich bevor wir davon wussten. Nur unsere Vorstellung von dem, was eventuell passiert sein könnte, war sehr anders. Teilweise werden bestimmte Details des Ursprungstraumas geleugnet oder zumindest in Frage gestellt, aber das ist im Prinzip nicht so wichtig, da es nichts an den Tatsachen ändert. Zum Beispiel denke ich manchmal so: "Vielleicht war unser Vater ja gar nicht involviert." Das ist natürlich Schwachsinn, da andere Innenpersonen gesagt haben, dass sie sich daran erinnern. Zudem wäre es aus verschiedenen Gründen für jemanden anders auch gar nicht (so) machbar gewesen.
Aber da ist mein Gedankengang dann immer folgender: wenn er so ein schlechter Vater ist, dass die gesamte Familie inklusive mir ihm ohne mit der Wimper zu zucken sofort zutrauen würde, dass er Kinder missbraucht, wäre es dann wirklich so schlimm, wenn die Erinnerung falsch wäre? Er ist ein grauenvoller Mensch und wenn er wirklich nichts damit zu tun hätte, würde das absolut nichts an irgendetwas ändern.
Ein größeres Problem ist Blyth. (Den wir mittlerweile wieder aus unserem Leben entfernt haben, so als kleines, wichtiges Update am Rande.) Das liegt an dem Zwiespalt zwischen 'er hat uns extrem geholfen' und 'er hat uns missbraucht'. Da denke ich (und auch andere Innenpersonen) dann doch wieder oft: "Vielleicht war es meine Schuld, vielleicht habe ich nicht gut genug erklärt, dass ich das nicht wollte, ..." (Diejenigen, die tatsächlich Erinnerungen an Missbrauch haben, leugnen das nicht, nur ich hab die Erinnerungen da eben nicht, beziehungsweise nur sehr begrenzt Erinnerungen an Dinge, die definitiv auch Missbrauch waren, aber in einem anderen Zusammenhang auch ein Versehen hätten sein können.)
Zum Glück schreiben wir sehr viel Tagebuch. Wir haben ein bestimmtes Tagebuch, das wir benutzt haben zu einer Zeit, in der wir für längere Zeit in seiner Nähe waren. (Es war eine Fernbeziehung.) Ich nenne es immer liebevoll "Missbrauchsdokumentationsbuch". Der Name ist selbsterklärend. Wenn ich zweifle, lese ich es. Danach zweifle ich nicht mehr. Ich weiß, dass niemand von uns in Tagebüchern lügen würde, weil wir die nur selbst lesen. Zudem habe ich manchmal, wenn ich sie lese, Intrusionen von einzelnen Momenten der Tage, über die da geschrieben wird. So was denke ich mir nicht aus.
Generell ist hier aber das größte Problem auch nicht das Leugnen sondern das 'nicht zusammenbringen Können'. Selbst wenn wir nicht leugnen, wird es nicht verstanden, wie Blyth uns einerseits so sehr helfen konnte und andererseits dann so sehr schaden. Und dann wird sich oft gefragt, mochte er uns jetzt wirklich und hat uns dann deshalb missbraucht, weil er uns dann "haben wollte", oder hat er das alles vorgespielt, damit wir ihm vertrauen, weil er von Anfang an erkannt hat, was unser Problem ist, und wusste, wie wundervoll man das ausnutzen kann. (Aber letzteres passt dann wieder nicht zu Dingen, die andere Innenpersonen erzählt haben. Aber ersteres ergibt für mich einfach keinen Sinn.)
Ich wünschte, ich könnte an der Stelle irgendwelche Tipps geben, weil mir natürlich bewusst ist, dass wir verhältnismäßig wenig Probleme mit so was haben, aber ich hab das Gefühl, das ist etwas so grundlegendes, dass es da nichts bestimmtes gibt, was wir gemacht haben, dass wir uns selbst besser glauben können. Es ist einfach so.
Vielleicht liegt es daran, dass unsere Erziehung nicht komplett grauenvoll war. Wir haben immer gelernt, uns selbst am meisten zu glauben, weil niemand sonst unser Leben so gut einschätzen kann wie wir.
Das hängt hauptsächlich mit unserer Krankheit zusammen. Man muss sehr stark an sich selbst Glauben, wenn man sich durch die Schichten von Ärzten kämpfen möchte, die einen nicht ernstnehmen, um irgendwen zu finden, der einem hilft. Ohne funktionierende Selbsteinschätzung wären wir wahrscheinlich schon gestorben. Also war es wichtig für unser Überleben. Demnach gibt es da keine einzelnen Tipps, die ich geben kann, mit denen man dasselbe Ergebnis erreichen könnte.
Das hängt hauptsächlich mit unserer Krankheit zusammen. Man muss sehr stark an sich selbst Glauben, wenn man sich durch die Schichten von Ärzten kämpfen möchte, die einen nicht ernstnehmen, um irgendwen zu finden, der einem hilft. Ohne funktionierende Selbsteinschätzung wären wir wahrscheinlich schon gestorben. Also war es wichtig für unser Überleben. Demnach gibt es da keine einzelnen Tipps, die ich geben kann, mit denen man dasselbe Ergebnis erreichen könnte.
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