Viele zu sein ist schwierig. Weil, wenn ich allen Innenpersonen verbiete, Kontakt zu Blyth zu haben, jeden Kontaktversuch unterbinde, ihn überall blockiere, Accounts, die zur Kontaktaufnahme genutzt wurden, lösche - wie sehr bin ich dann noch entfernt von demselben Verhalten, das ich bei anderen Menschen so vehement ablehne? „Ich weiß besser als du, was gut für dich ist.“
Wie weit davon entfernt, über jemand anderen zu bestimmen.
Aber gleichzeitig: ich bin doch auch wichtig. Und ich muss das ja alles auch lesen, alles auch hören, das Bedürfnis haben, Blyth anzuschreien, weil er so, so ignorant ist, das Bedürfnis haben, es zu klären und mir immer wieder sagen: das funktioniert nicht. Es liegt nicht daran, dass er es nicht versteht.
Und wenn es doch passiert, wie sehr trampelt man dann auf die Kinder, die Angst vor Blyth haben? Die sind auch wichtig. Es wird nie irgendeinen Weg geben, alle Personen im System gleich zu respektieren.
Und egal, wie sehr ich das Gefühl habe, dass es mir, ganz persönlich, helfen würde, in die Stadt zu fahren, in der er wohnt, an den Ort, wo alles angefangen hat, um festzustellen: es ist vorbei.
Es ist fünf Jahre her.
Er ist nicht hier.
Ich kann
endlich
wegfahren.
Egal, wie viel es mir tatsächlich vielleicht hilft.
Was ist mit all der Angst? Ich meine, klar. Solange wir nur hinfahren, kann ich sagen: es ist tatsächlich überhaupt nicht gefährlich. Er ist nicht da. Er hat sogar Hausverbot. Er kann nicht einfach aufkreuzen. Die Angst ist nur Trauma und Trauma verschwindet nur, wenn man wirklich, in seinem Innersten, versteht, dass es Vergangenheit ist. Das stimmt.
Aber wenn er acht Kilometer entfernt wohnt, könnten wir genauso gut vor seiner Tür aufkreuzen. Was hält irgendjemanden davon ab?
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Dein Name alleine findet mir mindestens zwei E-Mail-Adressen, unter denen man dich erreichen kann, dein Instagram-Account ist ein Zeugnis davon, wie sehr wir nicht wegkommen, ich kenne deine Adresse auswendig, auch wenn ich nie dort war, vielleicht gibst du ein Konzert, zu dem man gehen könnte, vielleicht erwähnt einer deiner Freunde uns; wenn du aufkreuzt, selbst wenn du das Haus nicht betreten darfst, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendjemand von uns in dein Auto steigt?
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir immer noch dir gehören?
Interessanter Punkt mit dem "Viele sein". Ich bin nur eine Person, aber stelle mir das so vor, als könnte es eben nur wie in einer Demokratie funktionieren. Die Mehrheit entscheidet. Außer es gibt einen Diktator, aber davon gehe ich nicht aus. Man kann es niemals allen Recht machen, aber dafür werden ja auch mehrere Entscheidungen getroffen und wenn Entscheidung A nicht den Vorstellungen von X entspricht, so kommt irgendwann Entscheidung B, die X zusagt. Dann wiederum ist Y nicht vertreten.
AntwortenLöschenEs muss nur die Balance gehalten werden. Schwierig, aber ich könnte mir vorstellen, dass es nur so funktioniert. (Glaube ich...)
Ja, so haben wir das anfangs auch versucht und es ist gerade auch das Modell, was wir verwenden (größtenteils). Es ist nur teils schwierig, weil: wenn man wirklich einen Großteil des Systems in die Abstimmung mit einbeziehen möchte, muss man gerne ein Jahr warten bis genug Leute überhaupt davon mitbekommen haben.
LöschenWenn man stattdessen sagt "na ja, wir entscheiden halt bis in zwei Wochen", bezieht man wiederum nur 10% des Systems mit ein.
Dazu kommt, dass es teilweise vorkommen kann, dass... sagen wir, man stimmt über die Frisur ab. Und alle im Alltagsteam sind sich einig, sie wollen kurze Haare, aber alle anderen wollen lange Haare. Dann hat man demokratisch lange Haare (Alltagsteam sind nur so 15%), aber die Leute, die das haben wollten, sind überhaupt nur 1% der Zeit draußen... funktioniert irgendwie auch nicht so gut. (Das ist ein reales Beispiel; wir haben sie jetzt abgeschnitten.)
Bezüglich Blyth würde vermutlich demokratisch beschlossen werden, dass wir uns missbrauchen lassen sollten, also... auch nicht so gut.
Das ist halt teilweise auch so 'ne schwierige Sache. Ich (Yu) bin ca. 70% der Zeit da. Wenn andere Innenpersonen Milch essen, muss es sie nicht interessieren, weil ich die Person bin, die Schmerzen davon bekommt.
Und dann ist es einfach so 'ne Blockade teils... also, ich könnte mich nicht "freiwillig" missbrauchen lassen. Wenn ich jetzt sag: okay, wenn 99% dafür sind, dass wir zu Blyth zurückgehen, dann könnte ich einfach nicht. Ich bin psychisch nicht in der Lage, mich so doll schädigen zu lassen. Deshalb stand das auch nie zur Debatte (dann wurde ich so eine Entscheidungsfreiheit vorspielen, die eigentlich gar nicht existiert).
DasWarten bis alle da sind, um ihre Meinung abgeben zu können, habe ich nicht bedacht. Jetzt verstehe ich die Problematik noch mehr. Ja, das scheint wirklich sehr schwierig zu sein.
LöschenAber vielleicht hilft ja der Gedanke, dass im Prinzip alle wissen, dass eine Wahl ansteht und wer bis zum Tag X seine Stimme nicht abgegeben hat, hat sich vielleicht auch bewusst dafür entschieden. Ich weiß nicht genau wie das System funktioniert, aber meist ist es doch so, dass durch einen Trigger sich die Innenperson wechselt, oder? Falls dem so ist, bedeutet das ja, dass die Wahl als Trigger nicht ausreichend war, also nicht "wichtig" genug für die Person Z... Das war nur noch so ein Gedanke dazu, vielleicht lässt sich daraus ja etwas bauen, was dich Yu oder vielleicht auch andere Alltagspersonen irgendwie "beruhigt" (also im Sinne von, dass ihr euch weniger Gedanken über so etwas machen "müsst").