Ich glaub, ich hab es endlich verstanden. Warum andere Menschen immer weniger bedeuten, warum wir eigentlich nur noch genervt sind und all die negativen Dinge, die wir sonst uns selbst erzählen, jetzt über andere Menschen denken.
Seit über zwei Jahren leben wir nur noch für andere Menschen. Ich finde das so richtig, don't get me wrong. Das ist gerade wichtig. Aber trotzdem ist es eben so.
Die Maskenpflicht belastet uns. Na ja, nicht die Pflicht, sondern die Masken - die Pflicht ist ja teilweise sogar aufgehoben. Wir haben zwar eine Maskenbefreiung, aber realistisch gesehen, haben wir die vielleicht für vier Wochen insgesamt verwendet, an Tagen, wo es wirklich gar nicht ging, den Rest der Zeit tragen wir lieber eine, weil es eben nicht so schlimm ist, dass es überhaupt nicht möglich ist.
Wenn wir Symptome haben, machen wir einen Test, obwohl Stäbchen ein unglaublich großer Trigger für uns sind. Wir treffen uns nicht mit Menschen (außer ruru), verlassen das Haus nicht, wenn wir nicht müssen (außer für Spaziergänge), haben unsere Ernährung und unser Leben komplett umgestellt, damit wir nur noch ein mal pro Woche einkaufen müssen.
Corona haben wir trotzdem bekommen. Und dann haben wir uns für zwei Wochen isoliert. Nur, um zu erfahren, dass das auch falsch war, eigentlich ist man wohl verpflichtet, einen PCR-Test zu machen und wie können wir es wagen, nicht noch mit Corona durch die halbe Stadt für einen Test zu fahren (der uns triggert) und alle Menschen auf dem Weg anzustecken, sondern uns einfach direkt für zwei Wochen zu isolieren?!
Wir machen jede Impfung, obwohl wir jedes mal wochenlang (starke) Nebenwirkungen haben. Weil wir es gewagt haben, das unserer Ärztin zu sagen, wurden wir auch noch fertig gemacht, als hätten wir ihr vorgeworfen, uns vergiftet zu haben, dabei wollten wir nur wissen, ob man was gegen die Schmerzen machen kann.
Ja, sie war vermutlich komplett überarbeitet. Das macht es nicht besser.
Und all das erwähne ich nie, weil ich Angst habe, so scheiße doll Angst, dass Menschen denken könnten, wir wären gegen die Maßnahmen, wenn wir sagen „mich belastet das“. Ich weiß nicht mal, ob das stimmt, das ist vermutlich einfach Trauma, weil ich grundsätzlich davon ausgehe, dass Menschen das schlechtmöglichste von uns denken.
Ich erwarte keinen Preis dafür, dass mir andere Menschen nicht egal sind. Aber wenn ich dann doch mal an einem Tag meine Maskenbefreiung raushole, weil es gerade wirklich nicht anders geht, will ich nicht über den halben Bahnhof angeschrien werden.
Die letzten zwei Jahre waren die beschissensten unseres Lebens. Vermutlich, weil unser gesamter Alltag eigentlich nur noch aus Stress besteht, haben wir durchgehend mit Entzündungen zu kämpfen. Unsere Augen haben beschlossen zu sterben oder so; wenn wir nicht jedes halbe Jahr eine neue Brille in genau der richtigen Sehstärke kaufen, bekommen wir so starke Schmerzen, dass es sich anfühlt, als würde die Sonne (oder irgendein Funken Licht) uns die Augen aus dem Kopf brennen wollen (Lichtempfindlichkeit). Das sind 400€ pro Jahr. (Zum Glück teilen wir uns zumindest eine Sehstärke.)
Wir können keinen Sport mehr machen, machen stattdessen seit einem Jahr beinahe jeden Tag von der Physio verordnet eine Stunde lang Dehnübungen, die nichts besser machen, aber sobald wir damit aufhören, bekommen wir natürlich sofort noch mehr Entzündungen in unseren Beinen. Unser Orthopäde hat uns Bandagen gegeben, die man eigentlich „beim Sport“ tragen soll - wir können ohne sie nicht laufen. Also, Spazierengehen. Oder Stehen. Im Supermarkt, an der Kasse. Wir sind komplett nicht lebensfähig ohne diese Bandagen, die normalerweise Leistungssportler nach einer Verletzung bei ihrem Leistungssport tragen sollen.
Wir geben momentan über 1.000€ pro Jahr für irgendwelche notwendigen (na ja, jedenfalls notwendig dafür, irgendwie Lebensqualität und nicht durchgehend superstarke Schmerzen zu haben) medizinischen Leistungen aus, die wir definitiv vollkommen legal von der Sozialhilfe bezahlen.
Und währenddessen tun wir diese ganze Reihe von Dingen, die unser Leben aktiv schlechter machen, weil sie wichtig sind.
Und am Ende ist es trotzdem nie genug, weil das mit der DIS zu kompliziert ist oder weil es uns zu oft schlecht geht oder weil wir nicht oft genug Sex* haben wollen oder weil unsere Plüschtiere uns wichtiger sind als Menschen und das böse ist oder weil wir es einfach wagen zu existieren und Platz und Raum und Zeit einzunehmen.
Dann arbeiten wir seit fünf Jahren daran, dass es uns besser geht und am Ende geben wir uns trotzdem nicht genug Mühe, weil wir die Therapie zu oft abbrechen oder nicht in eine Psychiatrie gehen wollen, solange es nicht unbedingt notwendig ist.
Und ich glaub, es wird einfach immer mehr zu viel und am Ende kann man nur entweder an dem Punkt landen, wo man sich selbst komplett egal sein lässt, andere Menschen sind eben grundsatzwichtiger oder man landet an dem Punkt, wo man vollkommen ernsthaft nach einer Diskussion über Schutzmaßnahmen sagt: „Ich freu mich schon, wenn diese Person stirbt, weil sie die nicht eingehalten hat.“ (Konkret: ging um das Einatmen von Epoxidharzdämpfen und die Person hat andere Menschen versucht davon zu überzeugen, dass eine Atemschutzmaske nicht notwendig ist und nur ein teures Gadget, das Leute dafür benutzen, das Hobby zu gatekeepen.)
Ich werde nicht sagen, wer von uns das von sich gegeben hat, aber ich bin gefühlsmäßig an einem Punkt, wo ich die Aussage absolut nachvollziehen kann.
Wir behandeln andere Menschen flauschig, aber in uns ist eigentlich konstant Genervtheit und „warum sind Menschen so unfähig“ und „warum stellen die sich alle so verdammt an“ und „oh, wow, du hast dir den Zeh verstaucht, tragisch, es ist so schlimm, dass du jetzt zwei Wochen lang nicht vernünftig laufen kannst, ich fühle deinen Schmerz, ich kann auch seit ZWEI JAHREN nicht vernünftig laufen“. Dass mir bewusst ist, dass der Gedankengang scheiße ist, macht ihn nicht weg.
„Ich nehm Menschen irgendwie nicht mehr als Menschen wahr, sondern wie... Objekte.“ Ein Objekt wirft man auch nicht aktiv durch den Raum gegen die Wand, selbst wenn man vielleicht mal das Bedürfnis dazu hat; es ist ja schon wichtig irgendwie. Aber wenn es aus Versehen gegen die Wand fliegt, ist das zwar unflauschig, aber man empfindet es im Endeffekt vermutlich nicht als ultra schlimm.
Ich frag mich jeden Tag, ob wir eigentlich noch Liebe verdienen, weil es so sehr in jeglicher Struktur verankert ist, dass man böse ist, wenn man keine Empathie mehr fühlt. Vollkommen egal, was man macht, wie man sich verhält - das ist alles nicht wichtig. Alles, was zählt, ist ein Gefühl, dessen Abwesenheit ich mir nie ausgesucht habe.
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