Auf diesem Blog geht es um Trauma, Traumafolgestörungen und unser Leben damit.
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Montag, 21. November 2022

#124: eine Sammlung von Notizen

Ich wollte die Kontaktpause, weil ich dachte: vielleicht war es so, dass, dass du mich in den zwei Wochen ums Krankenhaus rum absolut beschissen behandelt hast und ich dadurch auch Depressionen bekomme habe, dazu geführt hat, dass ich alles, was du gesagt hast, irgendwie negativ interpretiert habe und dir dann mit jedem mal, wo etwas passiert ist, mehr misstraut habe, wodurch ich noch mehr negativ interpretiert habe, weshalb es immer weiter eskaliert ist.
Danach hatte ich mit jedem Tag mehr das Gefühl, klarer darüber nachzudenken zu können. Und landete trotzdem jedes mal bei dem Schluss: das ist Missbrauch. Na ja, vielleicht nicht ganz, irgendwie denke ich, Missbrauch ist etwas erst dann, wenn die betroffene Person genug „gebrochen“ wurde, dass sie Dinge mitmacht, die sie eigentlich gar nicht will. An dem Punkt war ich noch nicht. Aber das Verhalten an sich war missbräuchlich. Ich wäre dort gelandet.
Und ich denke immer noch, dass das Verhalten nicht mit Absicht passiert ist. Ich kenne die Verzweiflung, in der man sich befindet, wenn man sehr doll getriggert ist. Ich habe in solchen Situationen selbst schon Dinge gemacht, die ich als missbräuchlich bezeichnen würde.
Aber dann sehe ich doch wieder, dass das, was ich als „manipulatives Verhalten“ bezeichnet habe, subtiler geworden ist, nachdem ich es angesprochen hatte. Subtiler, damit man es weniger bemerkt, subtiler, damit man eher manipuliert wird. Es hat also offensichtlich irgendeine Art von Reflexion stattgefunden - und das Ergebnis war nicht gut.

Irgendwann, wo ich bei dir war, haben wir mal über ein Problem geredet, dass wir beide hatten und ich habe im Prinzip mit „aber bei mir ist das Problem schlimmer“ reagiert. Darüber habe ich viel nachgedacht - warum das meine Reaktion war. Weil es scheiße war und ich mich nicht erinnern kann, das sonst schon einmal gemacht zu haben. Und mir fiel auf, es war gar nicht so, dass ich tatsächlich der Meinung war, dass mein Problem schlimmer ist, sondern ich wollte unbedingt darüber reden. Und hatte das Gefühl, du nimmst mir das weg durch das Ansprechen deines Problems, also musste ich „beweisen“, dass eins schlimmer ist, damit es wichtiger sein kann in der Situation.
Und natürlich ist es vollkommen egal, wer jetzt das schlimmere Problem hat. Ich hätte stattdessen sagen sollen: „Okay, aber können wir trotzdem einfach über mein Problem reden?“
Es spielt trotzdem in eine andere Sache rein: ich fühlte mich oft überhaupt nicht gesehen. Wenn es mir schlecht ging, warst du meistens überfordert; wenn ich ein Problem hatte, hattest du auch eins - das Problem ist nicht, dass du schlimme Probleme hast, sondern dass du immer sagst „ich auch“. Es ging ständig um dich.
Als ich gesagt habe, dass ich nicht zu dir fahren kann, weil ich Depressionen habe; weil ich Hilfe brauche, die du mir nicht geben kannst, konntest du das überhaupt nicht akzeptieren, hast nur immer wieder betont: doch, du kannst mir helfen. Aber wie soll das stimmen, wenn du schon im August 50% der Zeit überfordert warst, wenn es mir schlecht ging, wo es nicht mal ein Großteil der Zeit war? Ich hatte kein Problem damit, dass du es nicht kannst - dann fahre ich eben wann anders zu dir. Aber obwohl es mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wahr gewesen wäre, hast du meine Bedenken komplett dismissed.

Dismissive -- In 90% der Fälle, wo ich etwas angesprochen habe, hast du darüber geredet, wie sehr dich meine Formulierung verletzt. Dafür gibt es einen eigenen Begriff, Tone Policing. Das hast du in deiner Nachricht sogar selbst erwähnt.
Natürlich ist es nicht komplett egal, was ich sage, aber ich hab dich nie beleidigt oder schlechtgeredet, einfach nur Worte gefunden für dein Verhalten und dann zu erwarten, dass ich das „netter“ formuliere, damit du es am besten aufnehmen kannst -- es geht nicht um dich. Aber da haben wir es wieder, dass es ständig nur um dich ging.

Ich glaube, ich hätte es wissen sollen, als ich zu dir meinte, du kannst nicht sagen, dass du uns lieb hast, weil du 90% des Systems nicht kennst, und du darauf bestanden hast, dass du es trotzdem sagen kannst. Du hast es danach noch manchmal aus Versehen gesagt - weil du nur mir zuliebe damit aufgehört hast. Weil es für dich nie einen Sinn ergeben hat und nur ein Fall war von „sie möchte es nicht, also tue ich es nicht“. Aber das Problem dahinter hast du nie gesehen. Es war immer noch übergriffig.

Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr habe ich das Gefühl, dass du mich nie geliebt hast, sondern eine Idee von mir, die du in [Rehaklinik] und den zwei Monaten danach entwickelt hast. Jemand mit extrem viel Zeit, der immer für dich da ist und immer ganz viel Verständnis hat.
Dann kam der Zeitpunkt, wo klar wurde, dass ich nicht genau das bin. Dass ich ein eigenes Leben habe, dass auch progressiv mehr Zeit in Anspruch nehmen wird, weil ich eine Ausbildung machen und arbeiten möchte. Verständnis habe ich zwar, aber Grenzen ebenso. Ich lasse mich nicht zwei Wochen lang scheiße behandeln, selbst wenn ich an sich Verständnis für die belastende Situation habe. Und anstatt dich damit auseinander zu setzen, dass ich wohl doch nicht so ganz die Person bin, für die du mich gehalten hast, hast du versucht, mich zu dieser Person zu machen.

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